Schach seit 70 Jahren - Leonhard Hanke | |
Wenn jemand seit 70 Jahren Schach im Verein spielt, dann ist dies schon eine Erwähnung wert. Wenn dieser jemand dann noch so erfolgreich war, wie die "lebende Schachlegende" Leonhard Hanke, und auch heute mit 83 Jahren noch aktiv ist, dann darf man seiner auch außerhalb runder Geburtstage erinnern. Nach fast einem Jahr Vorarbeiten, umfangreicher Korrespondenz und einigen Telefonaten stelle ich dem Leser nun in der Folge diesen außergewöhnlichen Spieler und Funktionär vor. Udo Güldner, Pressewart Schachbezirk Mittelfranken Schule und erste berufliche SchritteGeboren wurde Leonhard Hanke am 5. Januar 1921 in Fürth. Dort besuchte er bis zur 7. Klasse die Hauptschule und wechselte sodann an die Städtische Handelsschule Fürth über. Er schloss mit der Mittleren Reife ab. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre mit vorzeitiger Gehilfenprüfung (1937-1939) und arbeitete in der Folge als kaufmännischer Angestellter bei MAN Nürnberg bis zur Einberufung in den Militärdienst (1941). Den 2. Weltkrieg erlebte Leonhard Hanke in Griechenland, in Ostpreußen, in Jugoslawien (Partisanenbekämpfung) und in Russland. Nach zweifacher Verwundung (mit Lähmung beider Beine) gelangte er über verschiedene Lazarette zurück nach Fürth, von wo aus er nach Kriegsende als Kriegsgefangener der US-Truppen im Hungerlager Bad Kreuznach landete. Auch nach der Entlassung im Juli 1945 blieb Leonhard Hanke die Lähmung des linken Beines erhalten, die auch später nicht behoben werden konnte. Schachliche AnfängeAls Zwölfjähriger verbrachte Leonhard Hanke den Sommer 1933 im Kindererholungsheim Schloss Possenhofen am Starnberger See. Dort lehrte ihn ein älterer Jugendlicher (von Ölhafen aus Kulmbach) das Schachspiel. Bei seiner Rückkehr nach Fürth spielte er dann mit Georg Greul (Jahrgang 1920), Robert Gerlitz (Jahrgang 1923) und Franz Zauner (Jahrgang 1924) freie Partien, vor allem im Freibad, wo sie Martin Pratsch, einen ausgezeichneten Schachspieler des SK 1882 Fürth trafen, der ihnen wertvolle Hinweise gab. Bald folgte die Einladung in den SK 1882 Fürth, der damals eine Hochburg des Deutschen Problemschachs war: Martin Pratsch, Hans Erdenbrecher, Fritz Müller, Hanns Demas, Hans Lang, Johann Ittner und weitere. Derart inspiriert komponierte auch Leonhard Hanke bis heute zahlreiche Schachprobleme. Bereits 1934/35 nahmen Leonhard Hanke und seine Spielkameraden in der 3. Klasse der Vereinsmeisterschaft des SK 1882 Fürth teil. Auch in der Schulmannschaft trat Leonhard Hanke ans Brett. Der SK 1882 Fürth spielte damals am Dienstag und Freitag Abend im "Humbser-Bräu" in der Friedensstraße 7. Zugleich war im Café "Fürst" in der Sternstraße (diese Flaniermeile wurde im Volksmund "Fürther Bummel" genannt) täglich gut besuchter freier Schachverkehr. Sensation bei den Bayerischen Meisterschaften 1938 in Starnberg"Unser SK 1882 Fürth bot uns Jugendlichen an, bei der Bayerischen Einzelmeisterschaft 1938 in Starnberg mitzuspielen. Robert Gerlitz und ich hatten Interesse, obgleich wir "jungen Hüpfer" bei den Erwachsenen spielen mussten, allerdings im Nebenturnier. Damals gab es noch keine Jugendmeisterschaft! Unser Klub bot uns an, das Start- und Fahrgeld zu übernehmen. Zu dieser Zeit waren unsere Eltern aber nicht mit Reichtümern gesegnet. So kamen Robert und ich auf die Idee, mit dem Fahrrad und Zelt nach Starnberg zu fahren und mit dem eingesparten Fahrgeld dort unseren Aufenthalt zu bestreiten. […] Zwei Tage vor Turnierbeginn fuhren wir los. […] Dort fanden wir eine Wiese nahe dem Undosa-Bad, dem Spielort unserer Meisterschaft und bauten unser Zelt auf. […] Am nächsten Morgen machten wir uns fein, so gut es ging, und meldeten uns für das Nebenturnier an. Am Nachmittag begann das Turnier. Die ersten beiden Partien liefen für mich gut, ich gewann sie, in der 2. Runde gegen Rehle (Bamberg oder München). Da wir die Spieler nicht kannten, wussten wir auch nicht, wer die Favoriten waren. Nun stellte sich heraus, dass Rehle, aber auch ich dazugehörten!" Eine Erkrankung setzte Leonhard Hanke am 3. Tag außer Gefecht, und er musste sich beim Turnierleiter krank melden, der ihn "auf Hängepartie setzte". "Am nächsten Tag meldete ich mich mit zitternden Knien beim Turnierleiter und verlor die angesetzte Partie. Meine noch nicht gespielte Hängepartie konnte ich nachspielen. Allerdings nicht gleich am nächsten Tag. Das war für mich gut. Aber mein "Schachfreund" Rehle gewann freudig Partie für Partie. So musste ich jede Partie nachspielend auf Gewinn spielen. […] Durch meinen Partieverlust nach meiner Operation waren Rehle und ich nun punktgleich. So lange ich aber meine Hängepartie noch nicht gespielt hatte, lag ich einen Punkt zurück. Den holte ich auf, als ich morgens meine angesetzte Partie und später meine Hängepartie gewann. […] So lange ich gewann, war ich nach Sonneborn-Berger-Wertung immer vorne, also musste ich immer auf Gewinn spielen, was meinem Naturell entsprach. Rehle gewann alle seine restlichen Partien, aber zum Bedauern Rehles ich auch! So war ich durch die bessere Wertung Turniersieger in unserer Gruppe." Und dabei hätte Rehle das Nebenturnier beinahe doch gewonnen, weil Leonhard Hanke bei einer Segelpartie mit dem Fürther Schachkollegen Zessinger im Starnberger See fast ertrunken wäre. Der 16. Bayerische Schachkongress vom 25. Juni bis 3. Juli 1938, die sog. "Starnberger Schachwoche", sah 120 Teilnehmer in allen Turnieren. Meister von Bayern wurde unerwartet der erst 23-jährige Georg Völk (Anderssen Bavaria München). Im Hauptturnier siegte der Fürther Sporrer. Nordbayerischer Problemmeister wurde Karl Lang (Fürth). Verbandsleiter Wilhelm Englert (Nürnberg) wurde wiedergewählt. Schach in der WehrmachtIm Dezember 1941 errang Leonhard Hanke bei der Militär-Meisterschaft von Athen den geteilten 1./2. Platz. In der Wehrbetreuung wurde er als Simultanspieler eingesetzt und gab in Saloniki und Umgebung mehrere Vorstellungen, darunter Blind-Simultan-Vorstellungen an bis zu fünf Brettern (1942). Zudem gewann er die Meisterschaft der 462. Infanterie-Division in Russland (1943). Beruflicher Werdegang nach 1945Auf Grund hervorragender Englischkenntnisse beantragte Leonhard Hanke Ende 1945 die Lizenz als Dolmetscher und Englischlehrer und erhielt diese nach erfolgreich abgelegter Prüfung. Da er die Prüfung zum vereidigten Dolmetscher ablegen wollte, nahm er im Dezember 1947 eine gut dotierte Stellung bei der US-Armee an und blieb dort länger als erwartet. Nebenbei hospitierte Leonhard Hanke bei Rechtsanwalt Dr. Escher, einem Kollegen aus der 1. Mannschaft des SK 1882 Fürth, wobei er sich umfangreiche Kenntnisse im Vertragsrecht, Wohnrecht und Straßenverkehrsrecht aneignete. Aus den geplanten drei Monaten bei der US-Armee wurden viele Jahre. Als Chef-Dolmetscher und Chef-Lehrer betreute Leonhard Hanke im Großraum Nürnberg den Englisch-Unterricht für die Angestellten der US-Truppen. Später wurde die Abteilung in den German Labor Service überführt, der sich um Sicherheitsaspekte kümmerte (auch um Erste-Hilfe-Ausbildung etc.). Als Captain war er Verbindungsoffizier zur 7. US-Armee im medizinischen Bereich und nahm als einziger Nicht-Amerikaner an US-Manöver-Planungen teil. Die Ausbildung erhielt Leonhard Hanke in der Medical School in Landstuhl und in der Bundesschule des Bundesverbandes für Selbstschutz (BVS) in Waldbröl. Auf Grund der medizinischen und technischen Ausbildung wurde er zum Vertreter des Einsatzarztes im Einsatzstab des Katastrophenschutzes Mannheim ernannt (Mitte 60-er bis Mitte 70-er Jahre). Er war damit Fachlehrer für Erste Hilfe, ABC-Abwehr, Brandschutz und Schutzraumbau. 1964 wechselte Leonhard Hanke zu BBC Mannheim (heute ABB Mannheim), wo er im Betriebschutz, vor allem in "Security", bis zur Pensionierung 1982 tätig war.
Foto: Altmeister Leonhard Hanke im Juni 2003 beim Seniorenturnier in Zwieselberg bei Freudenstadt. Schachleben in MittelfrankenSeine zeitlich längste Partie spielte Hanke im Oktober 1946 in Bad Reichenhall. Dort spielte er für den SK Bad Reichenhall als Gastspieler im Freundschaftswettkampf gegen ein Team aus dem UNRA-Camp (Auffangorganisation für im Krieg dienstverpflichtete Ausländer). Das Match dauerte insgesamt annähernd zehn Stunden, da nicht mit Schachuhren gespielt werden konnte.
Dr. Levedowitsch - Hanke [D52] "Hier hatte mein Gegner ein Einsehen und bot selbst Remis an." 1949 qualifizierte sich der SK 1882 Fürth als bayerischer Vertreter für die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft vom 30.10.-05.11.1949 in Darmstadt. Das Team bestand aus Martin Pratsch, Fritz Keim, Leonhard Hanke und Riege. Mit dem erreichten 5. Platz bei acht 4-er-Mannschaften konnten die Außenseiter aus Franken aber sehr wohl zufrieden sein. Drei Jahre später war der SK 1882 Fürth aus Anlass seines 70-jährigen Jubiläums Ausrichter eines Vier-Länder-Kampfes zwischen Hessen, Bayern, Baden und der Pfalz. Im allerletzten Augenblick (vier Stunden vor Spielbeginn) sagten die Hessen kurzfristig ab. Hier sprang der Gastgeber in die Bresche, und binnen kurzer Zeit wurde Hessen durch eine Mannschaft des SK 1882 Fürth ersetzt (in einer Zeit, in der Telefon und Auto nicht jeder hatte). Der Vereinsvorsitzende Fritz Müller stellte Fritz Keim, Riege, Ernst Grohmann und am Spitzenbrett Leonhard Hanke auf, die sich auch ohne große Vorbereitung achtbar schlugen. Endstand: 1. Bayern (4:2/8,5), 2. Baden (4:2/7,5), 3./4. Pfalz und Fürth (1:5/4,0). Hier traf Hanke das erste Mal auf Dr. Georg Tochtermann (Speyer), einen Gegner, dem er noch öfters begegnen sollte. So hielt dieser bei der 6. Weltmeisterschaft der Senioren 1996 in Bad Liebenzell die Festrede zur Eröffnung auf den Initiator und Organisator Reinhold Hoffmann (ChessOrg/Völklingen), der sich große Verdienste um das deutsche und europäische Seniorenschach erworben hat. Am Ende der Bayerischen Meisterschaften 1954 in Bad Kissingen erlebte Hanke, wie GM Wolfgang Unzicker als erster Schachsportler überhaupt für seine großen Verdienste um das deutsche Schach und auf Grund seiner großen Erfolge mit der höchsten Auszeichnung im deutschen Sport, dem Silbernen Lorbeer, geehrt wurde. Die beherrschende Stellung im mittelfränkischen Nachkriegsschach hatten die Nürnberger Schachvereine inne. Im Duell der Spitzenbretter des SK 1882 Fürth und des SC Noris Nürnberg trafen Hanke und Dr. Ludwig Rödl aufeinander.
Hanke - Dr. Ludwig Rödl [C47] Zu einer besonderen Simultan-Vorstellung kam es 1958 bei der SG Siemens Erlangen. Hanke spielte an 28 Brettern simultan und an einem weiteren Brett blind (dieses remisierte er). Der Fürther gewann 17 Partien, jeweils sechs endeten unentschieden bzw. als Niederlage. Bereits eineinhalb Jahre zuvor hatte er die Klingen mit den Siemens-Spielern gekreuzt. Neue schachliche HerausforderungenNach dem Wechsel zu seiner neuen Dienststelle nach Stuttgart (1957), wo er natürlich im dortigen Schachleben sich einbrachte, nahm Leonhard Hanke aus Verbundenheit dennoch die Mühen auf sich, weiterhin für den SK 1882 Fürth anzutreten und noch spät in der Nacht die Rückfahrt anzutreten. Nach einiger Zeit hatte sich dieser Umstand wohl herumgesprochen, denn einige seiner Gegner gaben keine noch so trostlose Stellung einfach auf, sondern spielten auf Zeit. So kam es dann, dass mancher Kontrahent zu einem unverdienten Remis kam, weil Leonhard Hanke aus terminlichen Gründen dieses auch in gewonnenen Stellungen anbot. In diese Zeit fällt auch der Gewinn des Jubiläumsturniers des SK Bad Windsheim zu dessen 40-jährigen Bestehen (1960). Mit der neuen Stelle bei BBC Mannheim (1964) und dem Umzug dorthin, trat Leonhard Hanke dem Schachklub Weinheim bei, in dem er zum Spitzenspieler wurde und am Spitzenbrett zahlreiche Freundschaftskämpfe bestritt (Knokke, Paris, Wien, Budapest etc.). In Budapest trotzte er dem ungarischen Großmeister Levent Lengyel ein Remis ab, beim Rückkampf in Weinheim gelang dieses Kunststück auch gegen IM Dr. Tamas Erdeliy. 1967 gewann Hanke das H. Heußler-Gedenkturnier. Zudem qualifizierte sich der Fürther 1962 und 1964 beim Dähne-Pokal um den "Silbernen Turm" als Vertreter Nordbayerns für die Endrunde und belegte dort jeweils den sehr guten 9.-16. Platz. Ende der 80-er Jahre wechselte Leonhard Hanke zum SK Heidelberg 1879, der zum SK Heidelberg 1879/Handschuhsheim fusionierte, und dem er noch heute angehört. Zahlreiche Erfolge im FernschachSeit den 50-er Jahren spielte Leonhard Hanke Fernschach, gleich zu Beginn in der Deutschen Meisterklasse, verpasste allerdings mehrfach die Endrunde der Deutschen Fernschachmeisterschaft (3., 4. oder 6. Platz in den Vorturnieren). "Allerdings spielte ich das Internationale Fernschach-Weltturnier "Sleipner" "1. Sc3" mit, denn schon in den 30-er Jahren habe ich diesen Zug entdeckt. Ich war überzeugt, diesen Zug mit dem nachfolgenden System erfunden zu haben, was ja auch stimmte. Später erfuhr ich, dass der Zug "1. Sc3" schon um die Jahrhundertwende gespielt worden war. Bei uns im bayerischen Schach hieß diese Eröffnung nur "Hanke-Eröffnung". (Hier stimmt ihm Anker Aasum, 1. Sc3. Sleipner-Eröffnung, Düsseldorf 1988, S. 11 zu: "Der alte Meister Leonhard Hanke aus Fürth hat immer 1. Sc3 gespielt. Seine Idee war 1. Sc3 d5 2. e4 d4, 3. Sce2 nebst g3/Lg2/d3/f4. In Mittelfranken hat diese Idee auch später noch einige Nachfolger gehabt, z. B. den Nürnberger Bundesligaspieler Bosch.) An diesem Weltturnier beteiligten sich Anker Aasum (Norwegen), der Initiator dieses Turniers, Itamar Oren (Israel), der blinde Valeri Demian (Rumänien), Don Keast (Australien), Bruno Dieu (Frankreich), Henk van Bellen und Henk van Leeners (Niederlande) sowie die Deutschen Horst Augustin und Leonhard Hanke. Mit 6,5 Punkten aus acht Partien siegte "überraschend" Leonhard Hanke vor van Bellen, Dieu und Oren (alle 5,5), Demian und Augustin (beide 4,0), Keast (2,5), van Leeners (1,5) und Aasum (1,0). Aus diesem Turnier entstanden Freundschaften und die Idee zu einem Nah-Turnier mit "1. Sc3" im Landhaus van Bellens im südfranzösischen Mariac. Zuerst 1993, dann 1995, 1998, 1999 und zuletzt 2000.
Foto: Eine Aufnahme vom Turnier in Offenburg 2002. Leonhard Hanke als ProblemkomponistDurch seinen Schachlehrer Martin Pratsch und die weithin bekannten Problemkomponisten Fürths der 30-er Jahre wurde Leonhard Hanke auch zum Problemschach geführt.
Bisher unveröffentlicht:
Mit 15 Jahren schuf Leonhard Hanke sein "bestes Problem" (Urdruck am 15.07.2000 in der Stuttgarter Zeitung.)
Nordbayerische Zeitung vom 23.11.1935 Unvergessliche Begegnungen mit Wolk, Bogoljubow, Sämisch und Kestler"1969 beim Amazonen-Veteranen-Turnier in Schwetzingen beim sehr stark besetzten Blitzturnier traf ich in Runde 2 auf Meister Sigmund Wolk, ehemals Russland, einen sehr starken Blitzspieler. Ich hatte viel Zeit verbraucht, stand aber klar auf Gewinn. Matt in drei Zügen war auf dem Brett, aber mein Zeiger hing in der Luft. Dann allerdings entdeckte ich noch etwas Wichtiges: Ich konnte meinen Gegner in einem Zug Patt setzen. Was habe ich getan? - Natürlich Patt gesetzt. Denn ich hatte noch etwas gesehen, was den Zuschauern, wenigstens dem allergrößten Teil davon, entgangen war: Mein Zeiger war gefallen! Die schadenfreudigen Zuschauer lachten über mich. Aber nicht lange! Denn ich zeigte nur mit der Hand auf die Uhr." "Mitten in diesem Rundenturnier traf ich auf Großmeister Sämisch, der immer noch ein starker Blitzer war. Ich spielte als Weißer das Belgrader Gambit. Da sagte mir Sämisch aus heiterem Himmel: "Das hat mir schon einmal ein Idiot vorgesetzt." Auf solch eine freundliche Anrede war ich nicht vorbereitet und entgegnete nur bescheiden: "Dann bin ich eben der zweite." Sämisch schien sich aber der Varianten nicht mehr genau zu erinnern (oder wir waren bereits der "Theorie" enteilt), denn plötzlich begann er lange nachzudenken. Er drohte meine Dame einzusperren und sie gegen wenig Material zu vereinnahmen. Doch ich hatte eine kleine Riposte. Opfer eines Springers gegen Bauern und Bedenkzeit! Und meine Rechnung ging auf. In der geringen Zeit, die Sämisch noch verblieb, schaffte er es nicht, meinen König Matt zu setzen. Hätte Sämisch mich am Partieanfang nicht als Idiot tituliert, hätte ich seine Zeitüberschreitung geflissentlich übersehen, denn ich lag schon mit drei Punkten in Führung, die ich zum Schluss noch etwas ausbauen konnte." "Bei einer Simultanvorstellung Ende der 30-er Jahre bei unserem SK 1882 Fürth habe ich Bogoljubow das erste Mal erlebt und durfte als "junger Hüpfer" beim Simultan gegen ihn antreten. Ich bekam zwar nur Schwarz, verkaufte mich aber nicht schlecht, denn am Ende der Partie hatte ich ein verdientes Remis herausgeholt, und stolz nahm ich Bogols Bild mit Widmung entgegen. Ein weiteres Unentschieden erkämpfte ich Ende 1949 mit den schwarzen Steinen gegen Bogoljubow, der sich gerade auf die Deutsche Einzelmeisterschaft 1949 vorbereitete.
Bogoljubow - Hanke [B05] Vor dem Simultanspiel beantwortete Bogol Fragen u. a. nach seinen Vorbereitungen auf die Deutsche Meisterschaft. Die Antwort war kurz und umso überraschender: "Ich warte auf die Fehler meiner Gegner und werde ihnen diese ankreiden!" Meine letzte Begegnung mit Bogoljubow - dass es wirklich die letzte war, wussten wir alle nicht - war beim 2. Osterturnier 1952 in Wangen/Allgäu. Egon Joppen und ich betraten am Vorabend des Turniers das Turnierlokal, und drinnen saß allein an einem Schachbrett Bogoljubow. Als er uns sah, rief er uns fröhlich zu: "Kommt her, ihr Buben, ich gebe euch einen Turm vor." Wir lachten Bogoljubow einfach aus, denn so schlecht spielten wir ja schließlich doch nicht. So unglaublich es auch klingt, trotz seines Minusturmes fegte uns der große Meister vom Brett! Auch bei der Revanchepartie war es nicht anders. Bei Bogoljubow fehlte auf dem Feld a1 zwar ein ganzer Turm, der aber gar nicht mitspielte, denn Bogol startete sofort einen Königsangriff, den er brillant führte. Ja, ja, das war der große Meister aus der guten, alten Zeit. Nach der Rückkehr von seiner Simultanvorstellung nach Triberg erlitt Bogoljubow am 18. Juni 1952 einen plötzlichen Herzschlag, an dem er leider auch verstarb." In der Meisterklasse I des Bayerischen Kongresses 1958 in Freising traf Hanke wieder einmal auf Hans-Günter Kestler (Bamberg). "Ich war sein Angstgegner, denn bis zu diesem Zeitpunkt und auch später konnte Kestler, der erst später den IM-Titel erhielt, gegen mich keine Partie gewinnen. Alle endeten nach hartem Kampfe remis, wobei Kestler immer um das Unentschieden kämpfen musste." Doch diesmal siegte Hanke:
Hanke - Kestler [C47] Schach und EhrenamtLeonhard Hanke ist seit 1975 Leiter der Firmen-Schachgruppe der BBC/ABB Mannheim. In dieser Funktion rief er den BBC/ABB-Firmenpokal für Firmenmitglieder im Großraum Heidelberg/Mannheim und Ludwigshafen ins Leben, der nun bereits 35 Mal zur Austragung gelangte. Zahlreiche Simultan-Vorstellungen mit GM Dr. Helmut Pfleger, GM Lothar Schmid, GM Alexander Khalifman etc. organisierte Hanke bei der Firmenschach-Gruppe. Dabei war es für die Gäste Usus, zuvor einen kurzen Vortrag mit Partienanalysen des Großmeisters zu hören. Seit 1992 ist er zusätzlich sehr engagiert als Referent für Seniorenschach im Badischen Schachverband und damit Mitglied der Seniorenkommission des Deutschen Schachbundes. 1998 war er Organisator und Turnierleiter der Deutschen Seniorenmeisterschaft der Landesverbände in Bad Wildbad. Für seine Verdienste um das Schachspiel wurde 2002 Leonhard Hanke vom Deutschen Schachbund aus Anlass des 125-jährigen Bestehens in Leipzig eine von nur 125 Ehrenurkunden verliehen. Der Badische Schachverband ernannte Leonhard Hanke in Anerkennung seiner Verdienste um das Seniorenschach zu seinem Ehrenmitglied. Unter falscher FlaggeLeonhard Hanke war seit 1933 Mitglied und langjähriger 2. Vorsitzender des Traditionsvereins SK 1882 Fürth (1949-1964) und zugleich beim SK Kleeblatt Fürth (seit 1937), dem Nachfolger des Eisenbahner-Sportvereins Fürth (der wiederum dem Reichsbahn-Sportverein Fürth folgte), hier allerdings nicht in der Schachsparte, sondern als begeisterter Mittel- und Langstreckenläufer bei den Leichtathleten. Auf Grund einer Nachlässigkeit des damaligen 1. Vorsitzenden, der die Beitragsweiterleitung an den Kreisverband Mittelfranken vergessen hatte - ein Lapsus, der dem sonst integren Funktionär nicht wieder unterlief - wurden der SK 1882 Fürth und seine Mitglieder für den Spielbetrieb gesperrt. Leonhard Hanke traf dies besonders, denn die Mittelfränkische Meisterschaft stand vor der Tür. Hier rettete ihn die Zweitmitgliedschaft beim SK Kleeblatt Fürth, der ja auch eine Schachsparte hatte. Und so trat Leonhard Hanke, der die Vorstandschaft seines "neuen" Vereines sehr gut kannte, unter der Flagge des SK Kleeblatt Fürth an. Übrigens schloss sich Leonhard Hanke, in Folge seiner Freundschaft mit dem dortigen Vorsitzenden Leo Flach, Anfang der 50-er Jahre auch dem größten Konkurrenzverein an, dem SC Noris Nürnberg 1899, und spielte für diesen bei Freundschafts- und Blitzturnieren. Simultan-Vorstellungen in MittelfrankenBereits bei der Wehrmacht hatte Leonhard Hanke Simultan-Vorstellungen bestritten. Nach dem 2. Weltkrieg tat er dies auch in Mittelfranken. 1951 trat er gegen die besten Jugendlichen des Gymnasiums Fürth im Blindschach an acht Brettern an (5+, 3-). Die Schüler Buchholz, Schwarz und Zink gewannen. 1954 trat er in Zirndorf (14+, 6=, 1-), in Lauf an der Pegnitz (16+, 4=, 4-), in Stein (16+, 4=, 3-), in Stadeln (11+, 2=, 2-), in Neumarkt (12+, 1=, 4-) und in Heilsbronn (12+, 1=, 2-) an. 1955 gab es ein Wiedersehen in Nürnberg (14+, 4=, 2-). In Unterreichenbach gelang Leonhard Hanke gegen die Spitzenspieler von Schwabach, Unterreichenbach und Volkersgau (18+, 7=, 4-). Remis gegen Inzenhofer (Schwabach) und Zapf (Schwabach), sowie Gewinn gegen Stegmann (Schwabach). Desweiteren spielte Hanke in verschiedenen Ländern simultan, blindsimultan oder auch simultan und zusätzlich blind (Schweiz, Österreich, Liechtenstein, Frankreich, Italien, Griechenland, Spanien und auch Kanada). Gewinn der Mittelfränkischen Meisterschaft 1956"Als gestern Abend die letzten Musikstücke im "Bäckerhof" verklangen, ging damit ein Schachkongress zu Ende, der zwar in Bezug auf Programmgestaltung, äußeren Rahmen und Verwaltungsarbeit schon manchen ebenbürtigen oder überlegenen Vorgänger hatte, der sich dafür aber in der Dramatik seines spielerischen Geschehens weit über den Rahmen des Herkömmlichen hinaus erhob. Mit großer Anstrengung - es gab trotz des Austragungssystems, bei welchem sehr oft sogenannte Salon-Remisen geschoben werden, nur wenig Partien mit Punkteteilung -, wurde bei diesem 5. Mittelfränkischen Schachkongress um den Sieg gerungen, so dass eine Rekordzahl von Hängepartien anfiel, die in zwei Fällen sogar nochmals verlängert werden mussten. Dass die den 1. und 2. Platz entscheidende Partie Keim-Hanke schließlich 9 ½ Stunden dauerte, sagt alles. Nicht weniger ernsthaft war das Kampfgeschehen auch bei der Jugend." Quelle: Nürnberger Zeitung vom 3. April 1956 Diesem Turniergewinn folgte 1963 der Sieg bei der Bezirksmeisterschaft von Nürnberg/Fürth. Schlussstand Gruppe A: (Den Stichkampf zwischen Weeber und Hanke gewann Letzterer mit 2:0.)
Schlussstand Gruppe B:
Vormeisterturnier Gruppe A:
Vormeisterturnier Gruppe B:
Vormeisterturnier C-Gruppe:
Hauptturnier Gruppe A:
Hauptturnier Gruppe B:
Jugendklasse:
Die späten Erfolge als SeniorenspielerLeonhard Hanke reihte nach seiner Pensionierung zahlreiche badische Seniorentitel aneinander (1982, 1983, 1984, 1986, 1990). Auch im Nestorenturnier des Badischen Schachverbandes gewann er mehrfach (1993, 1996). LieblingspartieBeim 3. Südbadischen Schachkongress im September 1949 in Haslach trafen im Gästeturnier Hanke und der Berner (Riedlingen) aufeinander. Die "Schach-Welt" lobte damals überschwänglich: "Hanke - ein Taktiker vom Format eines Dr. Tröger!"
Hanke - Pfarrer Berner [A00] Im gleichen Turnier ging es um den Turniersieg gegen Dr. Scheidt (Speyer). An der Spitze lagen vier Spieler punktgleich, von denen nur Hanke den Sieg davontrug. Scheidt - Hanke [B05] Beim Gästeturnier in Waldkirch/Schwarzwald im September 1950 traf Hanke im Meisterturnier auf den Heilbronner Böhringer.
Böhringer (Heilbronn) - Hanke [B03] Hier noch einige weitere sehenswerte Partien:
Kraus - Hanke [B01] Hanke - Laschek [C47] Hanke - Vierling [B23] IM van Geet - Hanke [B02] |
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Letzte Änderung: 07/28/2015 18:56:38
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